Zwei Mädchen stehen hinter einem Tisch auf dem verschiedene Gegenstände, wie ein kleiner Roboter, kleine Gestelle mit Rädern und Milchtüten aufgebaut sind. Im Hintergrund ist eine Pinwand mit Erklärungen zu ihrer Erfindung zu sehen. © Daniel Kampe

Magischer Bollerwagen

Schülerinnen aus Lemgo gewinnen Jugend-forscht-Sonderpreis der Christoffel-Blindenmission

Bensheim/Lemgo, 23. Oktober 2023. Schwere Einkäufe nach Hause schleppen ist anstrengend und für viele Menschen mit körperlichen Einschränkungen sogar unmöglich. Fiona und Jana Kampe (beide 14) entwickeln im Modell einen automatisierten Bollerwagen. Die Kiste auf Rädern folgt ihrer Bezugsperson auf Schritt und Tritt, ist wie von Zauberhand mit ihr verbunden. Dafür erhalten die Schülerinnen des Engelbert-Kaempfer-Gymnasiums in Lemgo den Sonderpreis der Christoffel-Blindenmission (CBM) „Innovationen für Menschen mit Behinderungen“. Der Preis wird im Rahmen des Landeswettbewerbs Nordrhein-Westfalen der Stiftung "Jugend forscht" in der Alterskategorie "Schüler experimentieren" verliehen.

Um seine Funktion zu erfüllen, muss der Wagen, ein E-Trolley, einiges können. Zum Beispiel, Hindernisse umfahren und der richtigen Person folgen. Das heißt, er muss ihre Gehrichtung sowie Geschwindigkeit erkennen und sich automatisch daran anpassen. Schließlich braucht er einen Antrieb mit ausreichend Kraft und Reichweite. Die Grundvoraussetzung des magischen Bollerwagens sind Sensoren. Sie sind die Sinne, das unsichtbare Band, das den futuristischen Bollerwagen mit der Person verbindet, die ihn benutzt. Die eingehenden Daten verarbeitet dann ein kleiner Computer, der entsprechend programmiert werden muss. Für die Zwillingsschwestern Fiona und Jana bedeutet das jede Menge Recherche und Tüftelei.

Automatisierte Sinne

Sie erforschen unterschiedliche Sensoren. Das Grundprinzip bei allen ist gleich: Der Sensor gibt ein Signal ab, das an Hindernissen in der Umwelt abprallt und auf einen Fühler zurückgeworfen wird. Aus der Dauer bis zur Rückkehr lässt sich die Entfernung ermitteln. Welches Signal aber ist das beste? Ultraschall, Infrarotlicht oder Laser? In unzähligen Tests erforschen und finden die Jungforscherinnen eine geeignete Kombination aus Infrarot- und Ultraschallsensoren

Verbunden werden die Sensoren mit einem Mikro-Computer. Immer wieder stoßen die beiden 14-Jährigen im Rahmen ihrer begrenzten finanziellen Mittel an Grenzen. Zum Beispiel, wie viele unterschiedliche Informationen solch ein kleiner Computer verarbeiten kann. Sie lösen alle Probleme, außer dass bei ihrem Demonstrationsmodell der Antrieb zu schwach ist. Für einen Ersatzantrieb fehlt den beiden am Ende die Zeit. Sie halten die Umsetzung ihres E-Trolleys aber für realistisch. CBM-Vorstand Dr. Rainer Brockhaus hofft auf ein Folgeprojekt der Schwestern: "Die Idee von Jana und Fiona kann vielen Menschen die Eigenständigkeit im Alltag erleichtern. Hier gilt es, dranzubleiben! In CBM-Projekten in den ärmsten Regionen der Welt setzen auch wir auf eigenständige Mobilität. So können Menschen mit Behinderung sich selbst oder sogar eine Familie versorgen und die Armutsspirale durchbrechen. Mobilität ist enorm wichtig für die gesellschaftliche Teilhabe."

Landessieger haben Chance auf CBM-Bundespreis

Der CBM-Sonderpreis zeichnet jedes Jahr kreative Studien und Erfindungen aus, die bei Jugend forscht eingereicht werden. Als Organisation für Menschen mit Behinderungen in Entwicklungsländern legt die CBM Wert darauf, dass die Arbeiten gerade ihnen den Alltag erleichtern können. Denn von den eine Milliarde Menschen mit Behinderungen leben 80 Prozent in den ärmsten Regionen der Welt. Prämiert werden außerdem Arbeiten, die sich mit dem Zusammenhang von Krankheit und Behinderung befassen oder einen Beitrag zu mehr Chancengleichheit leisten. Alle ausgezeichneten Landessieger haben die Chance, den von der CBM ausgeschriebenen Bundessonderpreis zu erhalten. Dieser ist mit 300 Euro dotiert.

Über die CBM

Die Christoffel-Blindenmission (CBM) zählt zu den international führenden Organisationen für inklusive Entwicklungszusammenarbeit. Sie unterstützt Menschen mit Behinderungen in den ärmsten Ländern der Welt – und das seit 115 Jahren. Gemeinsam mit ihren lokalen Partnern sorgt sie dafür, dass sich das Leben von Menschen mit Behinderungen grundlegend und dauerhaft verbessert. Sie leistet medizinische Hilfe und setzt sich für gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe ein. Ziel ist eine inklusive Welt, in der Menschen mit und ohne Behinderungen ihre Fähigkeiten einbringen können und niemand zurückgelassen wird. Im vergangenen Jahr förderte die CBM 391 Projekte in 44 Ländern.