Inhalier-Hilfe-to-go

Schülerin aus Trogen gewinnt Jugend-forscht-Sonderpreis der Christoffel-Blindenmission

Eine junge Frau hält eine kleine Apparatur in den Händen. © Michael Kieweg
Sarah Kieweg (18) hat für Asthmatiker eine Inhalier-Hilfe-to-go entwickelt. Dafür erhält sie den Sonderpreis der Christoffel-Blindenmission (CBM) "Innovationen für Menschen mit Behinderungen".

Bensheim/Trogen, 4. September 2023. Sarah Kieweg (18) hat Asthma und immer ein Notfallmedikament dabei. Bei Atemproblemen muss sie den Wirkstoffbehälter ansetzen, abdrücken und einatmen, Luft anhalten. Weil das besonders für Kinder und Senioren schwer zu koordinieren ist, gibt es Inhalier-Hilfen. Doch die sind zu sperrig, um sie bequem und unauffällig überall mitzunehmen. Dieses Problem löst Sarah, indem sie eine Inhalier-Hilfe-to-go entwickelt. Dafür erhält die Schülerin des Schiller-Gymnasiums in Hof den Sonderpreis der Christoffel-Blindenmission (CBM) "Innovationen für Menschen mit Behinderungen". Der Preis wird im Rahmen des Landeswettbewerbs Bayern der Stiftung "Jugend forscht" verliehen.

Auf die Kunststoffröhre einer Inhalier-Hilfe wird das Asthmaspray gesteckt und ein Sprühstoß abgegeben. Aus der rund 15 Zentimeter langen Kammer kann das Medikament entspannter in mehreren Zügen abgeatmet werden. So landet mehr Wirkstoff tiefer in der Lunge, anstatt im Rachenraum, wo es sogar Pilzinfektionen auslösen kann. Um diese Vorteile auch unterwegs oder beim Sport zu nutzen, sucht Sarah nach Wegen, das Volumen des Geräts zu verkleinern. Bei Bedarf soll es aber gleich einsatzbereit sein.

Inspiration Spieltunnel

Inspiriert durch einen Spieltunnel findet die Jungforscherin die Lösung. Ein Spieltunnel ist eine Drahtspirale mit Textilüberzug und entfaltet sich selbst. Der meterlange Tunnel lässt sich anschließend mit wenigen Handgriffen zu einer handlichen Scheibe zusammenstauchen. Das gleiche Prinzip nutzen Wurf-Zelte oder Strandmuscheln. Für die Pop-up-Röhre im Taschenformat formt die Schülerin eine Spirale aus Federstahldraht. Nun braucht es einen flexiblen, stabilen und hygienischen Überzug. Dafür erweist sich Zeltstoff als geeignet. Das wasserabweisende Kunststoffgewebe ist waschbar und kommt sogar in attraktiven Farben daher. Auf das Ende der rund 10 cm langen Röhre befestigt die Schülerin den Adapter einer bestehenden Inhalier-Hilfe, welcher Wirkstoffbehälter und Inhalier-Röhre verbindet. Auch das Mundstück stammt aus einem existenten System. Schließlich verhindert das Ventil einer FFP3-Maske, dass ausgeatmete Luft in die Röhre zurückströmt.

CBM-Vorstand Dr. Rainer Brockhaus: "Als Betroffene hat Sarah ein Problem nicht einfach hingenommen, sondern eine Lösung gesucht und gefunden. Das ist eine besondere Leistung, die auch anderen Menschen mit Atemproblemen helfen kann", lobt Brockhaus. "Und es zeigt einmal mehr, dass betroffene Menschen oft die besten Ideen haben, wenn es um ihr eigenes Leben geht. ‚Nichts über uns ohne uns‘ lautet daher eine Forderung der Behindertenrechtsbewegung. Doch gerade in den ärmsten Ländern der Welt sind Menschen mit Behinderungen oft von Entscheidungen ausgeschlossen. Wir als CBM setzen uns dafür ein, dass sie mitreden und so ihr Recht auf ein selbstbestimmtes Leben verwirklichen können."

Landessieger haben Chance auf CBM-Bundespreis

Der CBM-Sonderpreis zeichnet jedes Jahr kreative Studien und Erfindungen aus, die bei Jugend forscht eingereicht werden. Als Organisation für Menschen mit Behinderungen in Entwicklungsländern legt die CBM Wert darauf, dass die Arbeiten gerade ihnen den Alltag erleichtern können. Denn von den eine Milliarde Menschen mit Behinderungen leben 80 Prozent in den ärmsten Regionen der Welt. Prämiert werden außerdem Arbeiten, die sich mit dem Zusammenhang von Krankheit und Behinderung befassen oder einen Beitrag zu mehr Chancengleichheit leisten. Alle ausgezeichneten Landessieger haben die Chance, den von der CBM ausgeschriebenen Bundessonderpreis zu erhalten. Dieser ist mit 300 Euro dotiert.

Über die CBM

Die Christoffel-Blindenmission (CBM) zählt zu den international führenden Organisationen für inklusive Entwicklungszusammenarbeit. Sie unterstützt Menschen mit Behinderungen in den ärmsten Ländern der Welt – und das seit 115 Jahren. Gemeinsam mit ihren lokalen Partnern sorgt sie dafür, dass sich das Leben von Menschen mit Behinderungen grundlegend und dauerhaft verbessert. Sie leistet medizinische Hilfe und setzt sich für gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe ein. Ziel ist eine inklusive Welt, in der Menschen mit und ohne Behinderungen ihre Fähigkeiten einbringen können und niemand zurückgelassen wird. Im vergangenen Jahr förderte die CBM 391 Projekte in 44 Ländern.