Eine junge Frau hält ein Gehirn aus bunt eingefärbtem Plastik in Händen. © Luca Lautenbach

Demenz entdecken, bevor es zu spät ist

Schülerin aus Gundersweiler gewinnt Jugend-forscht-Sonderpreis der Christoffel-Blindenmission

Bensheim/Gundersweiler, 30 Juni 2022. Als Opa beim Spazierengehen nicht mehr allein nach Hause findet, ist seine Alzheimer-Demenz schon weit fortgeschritten. Der geistige Abbau ist nicht mehr aufzuhalten. Alina Fischer (21) verliert ihren geliebten Großvater schon vor seinem Tod. Weil sie sich damit nur schwer abfinden kann, beginnt sie, die Krankheit zu erforschen. Sie untersucht Diagnoseverfahren von Alzheimer-Erkrankungen und findet Möglichkeiten, sie zu verbessern. So lässt sich eine Demenz besser von anderen Krankheiten unterscheiden. Dafür erhält die Jungforscherin am Schülerforschungszentrum, der Gehirnwerkstatt, in Homburg den Sonderpreis der Christoffel-Blindenmission (CBM) "Innovationen für Menschen mit Behinderungen". Der Preis wird im Rahmen des Landeswettbewerbs Saarland der Stiftung Jugend forscht verliehen.

Die Krankheit des Vergessens trägt den Namen ihres Entdeckers, Alois Alzheimer. Der Mediziner beobachtet den frühen und raschen geistigen Abbau einer Patientin. Als er nach ihrem Tod ihr Gehirn untersucht, findet er Ablagerungen und abgestorbenes Nervengewebe: Kennzeichen der Alzheimer-Krankheit – bis heute. Auch über hundert Jahre später gilt sie als unheilbar. Je früher und sicherer eine Demenz jedoch erkannt wird, desto besser sind ihre Auswirkungen zu behandeln. Mit diesem Ziel vergleicht Alina Fischer schon in einer vorigen Arbeit einschlägige Studien – und findet eine Tendenz zu Fehldiagnosen. Weil die Symptome sich ähneln, werden etwa Demenz und Altersdepression miteinander verwechselt. Dann aber kann kranken Menschen nicht richtig geholfen werden.

Bessere Diagnose, bessere Therapie

Um dem entgegenzuwirken, forscht Fischer weiter. Sie will mehr erfahren über den Zusammenhang zwischen dem Abbau von Hirnsubstanz und Geisteskraft. Um Demenz zu erkennen, werden Patienten mit bestimmten Fragen und Aufgaben untersucht und ihre Gehirne mit bildgebenden Geräten, etwa im MRT. Solche klinischen Daten analysiert die junge Forscherin. Ihr fällt auf, dass es dem gängigen Verfahren an Trennschärfe mangelt. Sie rechnet störende Alterseffekte heraus. Und findet einen automatisierten Weg, die Abnahme von Gehirnsubstanz genauer zu bewerten als per Augenschein am Bildschirm. Schlussendlich ermöglicht Fischers Verfahren, eine Demenzerkrankung besser von einer milden kognitiven Störung (MCI) zu unterscheiden. CBM-Vorstand Dr. Rainer Brockhaus: "Die Zahl von Menschen mit Demenz steigt rasant an, unser Wissen über die Krankheit leider nicht. Alina Fischer arbeitet mit großem Einsatz daran, den Missstand zu beheben. Dafür gilt ihr unsere Hochachtung", lobt der Geschäftsführer. "Zwei Drittel der etwa 55 Millionen Menschen, die weltweit von Demenzerkrankungen betroffen sind, leben laut Deutscher Alzheimer Gesellschaft in Entwicklungsländern. In den CBM-geförderten Projekten unterstützen wir auch Menschen mit psychosozialen oder intellektuellen Behinderungen. In den ärmeren Ländern sind sie oft von jeder Versorgung abgeschnitten und leiden unter Ausgrenzung. Wir bieten ihnen therapeutische Hilfe und unterstützen sie bei der Eingliederung in ihr Umfeld. Denn jeder Mensch hat ein Recht auf Zugang zu medizinischer Versorgung und gesellschaftlicher Teilhabe."

Landessieger haben Chance auf CBM-Bundespreis

Der CBM-Sonderpreis zeichnet jedes Jahr kreative Studien und Erfindungen aus, die bei Jugend forscht eingereicht werden. Als Organisation für Menschen mit Behinderungen in Entwicklungsländern legt die CBM Wert darauf, dass die Arbeiten gerade ihnen den Alltag erleichtern können. Denn von den eine Milliarde Menschen mit Behinderungen leben 80 Prozent in den ärmsten Regionen der Welt. Prämiert werden außerdem Arbeiten, die sich mit dem Zusammenhang von Krankheit und Behinderung befassen oder einen Beitrag zu mehr Chancengleichheit leisten. Alle ausgezeichneten Landessieger haben die Chance, den von der CBM ausgeschriebenen Bundessonderpreis zu erhalten. Dieser ist mit 300 Euro dotiert.

Über die CBM

Die Christoffel-Blindenmission (CBM) zählt zu den international führenden Organisationen für inklusive Entwicklungszusammenarbeit. Sie unterstützt Menschen mit Behinderungen in den ärmsten Ländern der Welt – und das seit mehr als 110 Jahren. Gemeinsam mit ihren lokalen Partnern sorgt sie dafür, dass sich das Leben von Menschen mit Behinderungen grundlegend und dauerhaft verbessert. Sie leistet medizinische Hilfe und setzt sich für gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe ein. Ziel ist eine inklusive Welt, in der Menschen mit und ohne Behinderungen ihre Fähigkeiten einbringen können und niemand zurückgelassen wird. Im vergangenen Jahr förderte die CBM 492 Projekte in 46 Ländern.