Reha mit Avatar

Schüler aus Sindelfingen gewinnt Jugend-forscht-Sonderpreis der Christoffel-Blindenmission

Ein Junge steht vor einer Leinwand auf die mit einem Beamer ein künstliches Abbild seiner Figur projeziert ist. © Michael Buchta
Der Schüler Felix Buchta (17) hat einen virtuellen 3D-Patient erschaffen. Damit sind physiotherapeutische Übungen auf Distanz möglich. Dafür erhält der Schüler des Stiftsgymnasiums Sindelfingen den Sonderpreis der CBM.

Bensheim/Sindelfingen, 30. Juni 2022. Die menschenähnliche Figur auf dem Monitor folgt der Bewegung ihres realen Gegenübers fast wie im Spiegel. Der von Felix Buchta (17) geschaffene virtuelle 3D-Patient ermöglicht physiotherapeutische Übungen auf Distanz. Dafür erhält der Schüler des Stiftsgymnasiums Sindelfingen den Sonderpreis der Christoffel-Blindenmission (CBM) "Innovationen für Menschen mit Behinderungen". Der Preis wird im Rahmen des Landeswettbewerbs Baden-Württemberg der Stiftung Jugend forscht verliehen.  

Felix macht ein Praktikum in einer Physiotherapiepraxis. Wegen Trainingsausfällen während der Pandemie werden dort viele Folgeschäden behandelt. Denn nach operativen Eingriffen müsste die Kraft der betroffenen Körperteile eigentlich zeitnah und kontinuierlich wieder aufgebaut werden – am besten unter fachkundiger Betreuung. Um das aus der Entfernung zu ermöglichen, entwickelt der Schüler das Distanz-Training. Der Entwickler löst 3G anders auf: gemeinsam, gezielt und genau. Denn genauso werden mit seinem Training bestimmte Körperbereiche gestärkt.

Anhand eines Avatars, eines virtuellen Abbilds der übenden Person, können therapeutische Fachkräfte die Übungen an einem anderen Ort verfolgen. Und sie können das Programm gezielt anpassen. Dafür erfassen Sensoren Position, Drehung und Bewegungsgeschwindigkeit des zu behandelnden Körperteils. Auch allein ist das Training möglich. Dafür bietet das Programm spezifische Trainingseinheiten, zum Beispiel nach Hüftoperationen: Einbeinstand oder Dreieckstanz verbessern Kraft, Beweglichkeit und Koordination. Um die Motivation zu erhöhen, soll das „Training mit 3G“ Spaß machen. Elemente wie ablaufende Zeitbalken erinnern an Videospiele. Mit einem "Du schaffst es!" motiviert das Programm seine Nutzer, wenn es mal nicht so läuft.

Weniger Pixel, mehr Privatsphäre

Doch wozu ein Avatar, wenn viele längst mit Videokonferenzen vertraut sind? Bewegungen erscheinen bei den Internet-Übertragungen oft verpixelt. Die abstraktere Darstellung benötigt deutlich weniger Rechenleistung als ein Video. So bleibt das Bild klar. Außerdem sieht der Tüftler durch Videokonferenzen den Datenschutz gefährdet. Der virtuelle Patient ermöglicht Anonymität im echten Leben. Seine grundlegenden technischen Komponenten sind für unter 100 Euro kostengünstig zu haben.

CBM-Vorstand Dr. Rainer Brockhaus: "In Pandemiezeiten kommen Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen oft zu kurz. Dass Felix eine Lösung für dieses Problem erarbeitet, finden wir großartig", lobt Brockhaus. "Orthopädische Erkrankungen sind besonders in den ärmeren Ländern häufig. Wo es an Nahrung, Hygiene, medizinischer Prophylaxe und Versorgung mangelt, leiden viele Menschen an vermeidbaren körperlichen Behinderungen. In CBM-Projekten führen wir deshalb jährlich tausende orthopädische Operationen und Rehabilitationsmaßnahmen durch."

Landessieger haben Chance auf CBM-Bundespreis

Der CBM-Sonderpreis zeichnet jedes Jahr kreative Studien und Erfindungen aus, die bei Jugend forscht eingereicht werden. Als Organisation für Menschen mit Behinderungen in Entwicklungsländern legt die CBM Wert darauf, dass die Arbeiten gerade ihnen den Alltag erleichtern können. Denn von den eine Milliarde Menschen mit Behinderungen leben 80 Prozent in den ärmsten Regionen der Welt. Prämiert werden außerdem Arbeiten, die sich mit dem Zusammenhang von Krankheit und Behinderung befassen oder einen Beitrag zu mehr Chancengleichheit leisten. Alle ausgezeichneten Landessieger haben die Chance, den von der CBM ausgeschriebenen Bundessonderpreis zu erhalten. Dieser wird pandemiebedingt online vergeben und ist mit 300 Euro dotiert.

Über die CBM

Die Christoffel-Blindenmission (CBM) zählt zu den international führenden Organisationen für inklusive Entwicklungszusammenarbeit. Sie unterstützt Menschen mit Behinderungen in den ärmsten Ländern der Welt – und das seit mehr als 110 Jahren. Gemeinsam mit ihren lokalen Partnern sorgt sie dafür, dass sich das Leben von Menschen mit Behinderungen grundlegend und dauerhaft verbessert. Sie leistet medizinische Hilfe und setzt sich für gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe ein. Ziel ist eine inklusive Welt, in der Menschen mit und ohne Behinderungen ihre Fähigkeiten einbringen können und niemand zurückgelassen wird. Im vergangenen Jahr förderte die CBM 492 Projekte in 46 Ländern.