
Dennis, was ist Dein stärkster Eindruck von Deiner Reise durch Sri Lanka?
Sri Lanka ist ein extrem krisengeschütteltes Land. 26 Jahre lang herrschte dort Bürgerkrieg. Und doch sind die Menschen voller Tatkraft und so lebenszugewandt! Ich habe Sozialarbeiterinnen beim sogenannten "Barefoot Counselling" kennengelernt, die meilenweit zu Fuß in abgelegene Dörfer wandern. Weil sie dort nach Menschen suchen, die ihre Hilfe brauchen! Und ich habe Menschen mit Behinderungen oder behinderten Familienmitgliedern getroffen, die allen Widrigkeiten in ihrem Leben zum Trotz erfolgreich ihr eigenes kleines Unternehmen gründeten.
Gibt es Schicksale, die Dich besonders berührten?
Oh ja, viele! Zum Beispiel das eines 26-Jährigen, der eine schlimme Zeit als Kindersoldat hinter sich hat. Er muss mental und körperlich Schreckliches durchgemacht haben. Durch Workshops und die psychosoziale Beratung eines CBM-Partners hat er sich gut stabilisiert. Jetzt arbeitet er als Angestellter in einem Eisenwarengeschäft und verdient sich seinen Lebensunterhalt selbst. Er ist super motiviert. Sein Werdegang ist eine absolut tolle Erfolgsgeschichte!
Wie ist die Situation behinderter Menschen in Sri Lanka? Hilft die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) dabei, ihre Rechte durchzusetzen?
Durch die UN-BRK sind jedenfalls Behindertenverbände entstanden. Menschen mit Behinderungen bekommen vom Staat rund 3.000 Rupien im Monat, das sind nur etwa 15 Euro. Aber es ist nicht klar, wer als Mensch mit Behinderung gilt. Der Großteil der Menschen mit Behinderungen bekommt gar nichts. Deshalb ist es gut, dass behinderte Menschen sich zusammenschließen und für ihre Rechte kämpfen.
Was ist der Schwerpunkt der CBM-Arbeit in Sri Lanka?
Mit unseren fünf Partnern fördern wir Menschen mit Behinderungen sozial und wirtschaftlich – und damit Inklusion. Die Programme bieten psycho-soziale Beratung, fördern medizinische Versorgung und unterstützen behinderte Menschen, sich mit kleinen Unternehmen selbstständig zu machen. Aber wir helfen auch dabei, Selbsthilfegruppen zu gründen, z. B. für Menschen, die schwere Bürgerkriegserlebnisse verarbeiten müssen.
Hast Du ein Projekt in Sri Lanka kennengelernt, das Dir besonders am Herzen liegt?
Ich bewundere unseren Partner – Achtung, langer Name! – "Community Association for Child Protection and Development", kurz CAPCD. Die CBM ist sein einziger Förderer. Mit 30.000 Euro im Jahr leistet er extrem viel: Er ist superaktiv z. B. bei der Identifizierung von Menschen mit Behinderungen, d. h. Mitarbeiter kommen zu den Menschen und erarbeiten mit ihnen zusammen einen Förderplan und die Umsetzung. CAPCD berät Menschen mit Behinderungen, bietet Workshops an, ist visionär, wenn es um die Verbesserung der Lebensqualität behinderter Menschen geht. Die Mitarbeiter sind fast ausschließlich im Feld unterwegs, in einer Region, in der die Arbeitslosenquote bei 60 Prozent liegt! Und unter denen, die Arbeit haben, sind viele Saisonarbeiterinnen und -arbeiter. Die Menschen sind sehr vorsichtig, wenn die CAPCD-Mitarbeiter ins Dorf kommen. Kein Wunder: Sie haben eine lange Kriegszeit hinter sich. Trotzdem: Ein Psychologe und drei Sozialarbeiterinnen sind unermüdlich unterwegs – zu Fuß und mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Das ist dort wirklich krass! Nicht zu vergleichen mit unserem öffentlichen Nahverkehr. Denn die Infrastruktur war komplett zerstört und ist noch nicht wieder aufgebaut. Für kürzeste Distanzen ist man extrem lang unterwegs. Und wenn gar nichts mehr geht, dann laufen die CAPCD-Mitarbeiterinnen in die Dörfer!